Der Berufseinstieg ist für jede:n eine turbulente Zeit: Du musst Abschlussprüfungen vorbereiten und bestehen, nebenbei schreibst du etliche Bewerbungen und hoffst auf einen guten Arbeitsplatz. An sich bietet diese Situation schon genug Stresspotential. Addiert man noch eine Pandemie, wird die Sache erst richtig interessant. Denn viele Monate der Kurzarbeit, Insolvenzen und gar Kündigungen haben den „normalen“ Stress der Jobsuche um einen bitteren Beigeschmack der Unsicherheit ergänzt: Wie entwickelt sich der Stellenmarkt? Stellen Unternehmen in diesen unsicheren Zeiten weniger Mitarbeiter ein? Bietet dein Wunsch-Arbeitgeber eine sichere Perspektive? Oder wirst du nach der Probezeit wegen Einsparungen vielleicht nicht übernommen?
Wenn du diese Unsicherheiten erst einmal bewältigt hast und deine Bewerbung mit der Einladung zu einem persönlichen Gespräch belohnt wurde, geht es jedoch mindestens genauso spannend weiter. Denn bis vor einem Jahr bestand ein Bewerbungsprozess noch aus persönlichen Gesprächen mit Führungen vor Ort, Probearbeitstagen und Kennenlern-Meetings mit den künftigen Kolleg:innen beim Restaurant um die Ecke oder in der Firmenkantine. Durch die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie finden diese essenziellen Elemente der Jobsuche oft nur noch remote statt: Telefonate statt Treffen am potenziellen Arbeitsplatz, Videocalls statt persönlichem Austausch und Kennenlernen. In den meisten Unternehmen sind die Mitarbeiter:innen der betroffenen Teams schließlich im Homeoffice, um die Anwesenheit im Büro und damit die Infektionsgefahr auf ein Minimum zu beschränken.
Die Remote-Gespräche haben zunächst einige Vorteile: Die Chancen, durch eine verspätete Straßenbahn unpünktlich zu erscheinen oder weil du den Weg nicht auf Anhieb gefunden hast, minimieren sich. Genau wie deine Nervosität – denn du befindest dich während des Bewerbungsgesprächs zuhause in deiner Komfortzone, fühlst dich also wohl und bist daher im Normalfall weniger aufgeregt. Hinzu kommt, dass in einem Videocall normalerweise nur deine obere Körperhälfte sichtbar ist. Du kannst untenrum also bequem deine Jogginghose anlassen, was auch zu deiner Entspanntheit beitragen kann. Und noch ein wichtiger Punkt: Du kannst dir im Vorfeld Fragen und Stichpunkte für das Gespräch notieren, die du dann wie eine Art Spickzettel außerhalb der Sichtbereichs vor dich hinlegst, damit du nichts vergisst.
Findet der gesamte Prozess jedoch nur digital statt, können sich daraus auch einige Fragezeichen ergeben. Angefangen beim Office (Wie sehen die Büros aus? Wie ist die Atmosphäre?) bis hin zu den Kolleg:innen (Sind sie dir sympathisch? Kannst du dir die Zusammenarbeit vorstellen?). Auch wenn du deinen Traumjob ergatterst, könntest du vor neuen Herausforderungen stehen. Denn in deinem heimischen Arbeitszimmer sitzen keine Kolleg:innen neben dir, die du jederzeit schnell um Rat fragen kannst, um dir die Einarbeitung zu erleichtern. Auch die Integration ins Team kann sich schwieriger gestalten: Keine gemeinsamen Ausflüge zum Supermarkt in der Mittagspause, bei denen man sich menschlich besser kennenlernt. Kein Feierabend-Bierchen in der Stadt nach Feierabend.
Doch anders heißt nicht automatisch schlechter: Auch in schwierigen Zeiten wie diesen lohnt es sich, den Schritt in die Arbeitswelt zu wagen. Das beweist die Geschichte von Nina Simon. Die Nürnberger Chemikerin stellte sich im Frühjahr 2020 dem Abenteuer „Jobsuche während Corona“ und erzählte uns von ihren Erfahrungen:
„Ihrer Zeit einige Wochen voraus war Corona bei BELFOR bereits Anfang März 2020 ein Thema: kein Händeschütteln, Mindestabstand beim gesamten Interview und der anschließenden Betriebsführung – zu diesem Zeitpunkt sehr strenge Maßnahmen. Ich bekam den Job und entdeckte bei meinem Umzug nach München während des Lockdowns die wenigen Vorteile der Pandemie: Leere Straßen und die Möglichkeit zur Ummeldung per Post sorgten für einen reibungslosen Ablauf, mangelnde soziale Kontakte verhinderten Ablenkung während der Fertigstellung meiner Abschlussarbeit.
Zwei Wochen nach Abgabe meiner Abschlussarbeit trat ich die neue Stelle dann an. In der Zwischenzeit waren die Hygienemaßnahmen erweitert worden, was die Einarbeitung erschwerte. Viele Situationen im Berufsalltag hätten es erfordert, sich näher als die empfohlenen 1,5 Meter zu kommen. Trotzdem schafften es meine Kollegen, mich schnell in meine Aufgaben einzuarbeiten. Teamgeist, die vom Unternehmen bereitgestellte Schutzausrüstung wie Mund-Nasen-Masken und etwas Kreativität machten es möglich.
Ich fühlte mich von Anfang an ernst genommen, wurde nach meiner fachlichen Meinung gefragt und bekam meine eigenen kleinen Projekte zugeteilt. So konnte ich meine Kenntnisse aus dem Studium einbringen und lernte gleichzeitig viel über mir noch fremde Bereiche. Auch im Homeoffice bekam ich spannende Aufträge, bei denen ich meine Sprachkenntnisse und Kreativität einbringen konnte. Insgesamt lernte ich also sehr schnell die vielen Facetten der Aufgaben des Technical Support und der Tätigkeiten des Labors kennen.
Ich bin heute sehr zufrieden mit meiner Entscheidung und froh darüber, in diesen unsicheren Zeiten einen Job gefunden zu haben, der so gut zu mir passt. Allen, die sich gerade in der Bewerbungsphase befinden und denen es ähnlich geht wie mir damals, soll gesagt sein: Kopf hoch, bewerbt euch weiter, denn auch für euch gibt es eine passende Stelle, die euch glücklich macht!“