Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König zu Gast im RUN Podcast
Knapp 9 Monate ist es her, dass wir den Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König zuletzt bei uns im RUN Podcast begrüßen durften. Damals das dominierende Thema: Corona. Und auch heute hat sich die Lage rund um die Pandemie zwar verändert, aber nicht unbedingt verbessert. Der Unterschied ist heute einer, den keiner zum damaligen Zeitpunkt für möglich gehalten hätte. Ein Krieg in Europa. Ein Krieg in einem Land, dessen Grenze nicht mal 11 Stunden Autofahrt entfernt von Nürnberg liegt. In dieser Podcast-Folge spricht Moderator Alban Imeri mit Marcus König über die aktuellen Entwicklungen des Krieges und die unmittelbaren Auswirkungen für die Stadt Nürnberg. Weitere Themen sind die Corona-Pandemie und die bevorstehende Lockerung der Auflagen trotz hoher Inzidenzwerte (heute am 1.März 2022: 1636,7).
„In der Krise kam die Katastrophe dazu“
Die Geschehnisse in der Ukraine überschlagen sich derzeit. Fast stündlich verändert sich die Situation, weshalb selbst öffentlich-rechtliche Info-Portale wie funk mit der Berichterstattung kaum noch hinterherkommen (siehe Instagram-Post). „Wir befinden uns immer noch in der Corona-Krise“, so Marcus König, „und in dieser Krise kam die Katastrophe dazu“. Weiter führt er aus, dass die Situation zwischen der Ukraine und Russland zwar schon länger angespannt ist, allerdings auch er nie mit diesem völkerrechtswidrigem Angriffskrieg Putins gerechnet hat.
Noch einen Tag vor dem russischen Einfall in der Ukraine hat König noch Kontakt nach Charkiw, der Nürnberger Partnerstadt, gehabt. Selbst dort habe niemand das Ausmaß der anstehenden Geschehnisse geahnt. „Ach [keine Sorge], die westlichen Medien bauschen das alles nur auf“, zitiert König seinen Kontakt in Charkiw. Leider habe man sich dort in falscher Sicherheit gewogen. Nur ein paar Tage später berichteten ihm Verwaltungsmitarbeiter aus Charkiw, dass sie in Luftschutzbunkern sitzen, um nicht von Bomben oder Schüssen getroffen zu werden. „Das kann man sich nicht vorstellen… Unglaublich“, fügt er hinzu.
Ein Putin-Krieg, kein Russland-Krieg
Die Sanktionen, die der Westen gegen Russland verhängt hat, hält Marcus König für angebracht. Er geht sogar einen Schritt weiter: „Beim Ausschluss aus dem SWIFT-Verfahren hätte ich mir sogar gewünscht, dass wir noch schneller handeln“, so König. Er ist sich sicher, dass diese Maßnahmen für das russische Volk spürbar sein werden. Weiterhin hofft er, dass die Sanktionen dazu führen, dass sich das russische Volk erhebt und gegen Kriegsverbrecher Putin stellt. „Die Bewegung muss aus Russland kommen“, so König.
„Wir haben in Nürnberg eine große russische Community“, sagt König. Da dürfe man nicht fehlerhaft annehmen, dass Putins Entscheidungen die Denke der gesamten russischen Bevölkerung widerspiegeln. „Das ist nicht der Krieg von Russen, sondern ein Angriffskrieg den Putin angezettelt hat. Ich sehe Putin nicht als Stellvertreter der russischen Bevölkerung“, fügt er hinzu. Das sei vor allem daran zu sehen, dass sich auch viele russische Bürger*innen an Demonstrationen beteiligen, die u.a. auch in Nürnberg stattfanden.
Welche Folgen hat das für Nürnberg?
Auch für Nürnberg habe der Krieg in der Ukraine unmittelbare Folgen. „Wir rechnen damit, dass wir 5000-6000 Flüchtlinge empfangen werden“, sagt König. Die Vorbereitungen für ukrainische Flüchtlinge seien bereits getroffen worden, wie z.B. ein Empfangszentrum am Heilig-Geist-Saal mit Verwaltungseinheiten, die sich um alle Ankömmlinge kümmern. Hierbei gehe es nicht nur um das Bürokratische, sondern viel mehr um ärztliche und psychologische Unterstützung. Des Weiteren werde auch ein Impfbus bereit gestellt, um allen Ukrainer*innen ein sofortiges Impf-Angebot machen zu können. Außerdem hat Marcus König auch entschieden: „Alle, die nach Nürnberg kommen und einen ukrainischen Pass haben, dürfen umsonst mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren“.
Man müsse allerdings beachten, dass der Weg Ukraine-Nürnberg nicht immer eine Einbahnstraße ist. Denn Einberufungsbefehle zwingen Ukrainer dazu, zurück in ihre Heimat zu fahren. Er selber habe erst vor Kurzem von einem Fall eines ukrainischen Erntehelfers aus dem Knoblauchsland erfahren, der sich auf dem Weg ins Kriegsgebiet machen muss. Mit Gemeinschaftsunterkünften, Hotels und den freiwillig bereitgestellten Räumen und Wohnungen Nürnberger Bürger*innen sei man auf jeden Fall für das Ankommen der ukrainischen Flüchtlinge vorbereitet.
Der Krieg wird auch über die Medien ausgetragen
Es ist ein Krieg, der zu einem großen Teil auch in den Medien stattfindet. Medien wie Deutschlandfunk beschreiben ihn gar als Propaganda-Schlacht auf Social Media. Das Auftreten der beiden Staatsoberhäupter Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin könnte unterschiedlicher nicht sein. Während Putin hinter Fahnen und Schreibtischen den gewaltbereiten Diktator raushängen lässt, so zeigt sich Selenskyj nahbar und sympathisch. Erst vor Kurzem hat er ein Video veröffentlichte Selenskyj ein Video, bei dem er sich direkt ans russische Volk wandte und dabei sogar russisch sprach. „Vor der Haltung und Bereitschaft sein Leben auf Spiel zu setzen, kann man nur den Hut ziehen“, so König.
„Wir befinden uns immer noch in der Corona-Krise“
Der Krieg in der Ukraine nimmt viel mediale Aufmerksamkeit auf sich. Da könnte man fast vergessen, dass wir uns immer noch inmitten einer Pandemie befinden. Auch wenn diese im Anblick der Lockerung der Auflagen fast besiegt scheint. In Nürnberg dürfen z.B. 25.000 Menschen ins Max-Morlock-Stadion und ab kommendem Wochenende planen Diskotheken und Bars mit der Wiedereröffnung – ein Schritt, der für Oberbürgermeister Marcus König der richtige ist. „Der Virus hat sich verändert, also müssen sich auch die politischen Maßnahmen verändern“, so König. Mit der Omikron-Variante sei die Ansteckungsgefahr zwar deutlich höher, aber lebensbedrohliche Verläufe und die Überlastung des Gesundheitssystems seien nicht zu befürchten.